Diese Seite ist ein Archiv, sie wird nicht mehr aktualisiert.
Mitteilung vom 20. Juni 2011Einheitlicher Mehrwertsteuersatz und Einkommensteuer mit Staffeltarif

Finanzminister Rainer Wiegard: In zehn Jahren können wir ein einfaches und transparentes Steuersystem haben.

Berlin (20. Juni 2011) Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard hat von der Bundes- und Landespolitik mehr Mut zu einem einfachen und vor allem transparenten Steuerrecht gefordert. „Der durchschnittlich begabte Steuerbürger muss in der Lage sein, ohne fachliche Hilfe den Grund und die Höhe seiner steuerlichen Belastung zu erkennen. Davon ist unser Steuerrecht meilenweit entfernt. Der Aufwand für Bürger, Unternehmen und für die Steuerverwaltung ist viel zu groß. Wir müssen hier für eine deutliche Entlastung sorgen“, sagte Wiegard am Montag (22.6.2011) bei der Jahrestagung des Instituts für Finanzen und Steuern in Berlin. „Wir brauchen eine an langfristigen Zielen orientierte Steuerpolitik, die die allgemein erkannten Probleme in einem erkennbaren ordnungspolitischen Korridor bündelt und in einem überschaubaren Zeitraum einer konkreten Lösung zuführt: Einen Zukunftsplan Steuer 2020.“ Wiegard tritt u.a. für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz, für eine Einkommensteuer mit Staffeltarif sowie für den Ersatz der Gewerbesteuer und die Abschaffung unnötiger Steuerarten ein.

Einen bedeutenden Beitrag für mehr Transparenz und zur Entlastung von Wirtschaft und Verwaltung kann nach Ansicht Wiegards die Streichung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes bringen. „Die Ermäßigung von 19 auf sieben Prozent entspricht einem Volumen von 24 Milliarden Euro. Das ursprüngliche Ziel, Beziehern niedriger Einkommen steuerbegünstigt Grundnahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, trifft längst nicht mehr zu. Sie profitiert davon nur zu 13 Prozent. 87 Prozent oder 21 Milliarden Euro kommen besser Verdienenden zu Gute. Eine krasse Fehlleitung steuerlicher Vergünstigung“ erklärte Wiegard. Er bezweifle zudem, dass in finanzschwachen Familien mehr gelesen werde, weil Bücher und Zeitschriften zum ermäßigten Steuersatz zu haben seien. Ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz könnte seiner Ansicht nach bei etwa 16 Prozent liegen und so auch erhebliche wirtschaftliche Dynamik auslösen.

Jeder Bürger müsse in der Lage sein, seine Einkommensteuer auf der Basis einfacher Bemessungsgrundlagen selbst auszurechnen, sagte Wiegard. „Eine Einkommensteuer mit einem vier- bis fünfstufigen Staffeltarif, wenig Ausnahmeregeln, überwiegend pauschaliert, Eingangssteuersatz etwa 14 Prozent, Spitzensteuersatz etwa 45 Prozent. Soli bis 2020 weg. Die Berechnung muss ja nicht auf einen Bierdeckel passen – aber viel mehr als eine verdeckte Postkarte brauchen wir eigentlich nicht“, forderte Wiegard. Ein einfaches Steuerrecht spare nicht nur Geld – mehr Transparenz schaffe vor allem mehr Akzeptanz bei den Bürgern, erklärte der Minister.

Wiegard bedauerte das Scheitern der angestrebten Gewerbesteuerreform. „Wir sind einer der ganz wenigen Staaten mit dieser exotischen Steuer, die unregelmäßig fließt, die Wirtschaft belastet und dabei nur einen Teil der Unternehmen erfasst“, beklagte der Finanzminister. „Die Gewerbesteuer wird zwar sehr aufwändig veranlagt, dann aber oft gar nicht kassiert, weil sie mit der Einkommensteuer verrechnet werden kann. Das ist nicht der Sinn einer Steuer. Sie muss dringend ersetzt werden“, verlangte Wiegard mit kritischem Blick auf die Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission in dieser Frage. Der schleswig-holsteinische Finanzminister plädierte dafür, stattdessen Kommunen und Ländern ein Zuschlagsrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer zu geben.

Ohne besondere Anstrengungen und Auswirkungen könnten diverse Steuerarten vollständig abgeschafft werden, sagte Wiegard. Er nannte als Beispiel die Kaffeesteuer, die Kfz-Steuer und die derzeit vier Steuern auf Alkohol, die zu einer Steuer zusammengefasst werden könnten.

Pressemitteilungen im Archiv In der Presse