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Mitteilung vom 27. April 2015Zehn Jahre nach Antritt der ersten Regierung von Peter Harry Carstensen

Rainer Wiegard: Das Ende der Schuldenpolitik wurde eingeläutet – aber nicht jeder hat das Läuten verstanden.

Kiel (27. April 2015) Am 27. April ist es zehn Jahre her: Das Ende der Schuldenpolitik in Schleswig-Holstein wurde eingeläutet. Aber wer sich heute mit den wichtigen Finanzindikatoren auf dieser Strecke befasst, den beschleicht schon wieder die Sorge, ob denn tatsächlich alle verstanden haben, dass niemand – kein Parlament und keine Regierung – das Recht hat, heute noch nicht geborene Generationen mit Schulden zu belasten, um sich jetzt politische Entscheidungen leisten zu können, sie aber nicht bezahlen kann.

Erinnern wir uns: Die erste Regierung Carstensen (2005 bis 2009) hatte es vor allem damit zu tun, den bereits über Jahre tatsächlich verfassungswidrigen Haushalt des Landes in den Griff zu bekommen. Bei Steuereinnahmen von 5.211 Millionen Euro (2005) hatte die Vorgängerregierung weitere 1.484 Millionen Euro neue Schulden gemacht, um die beschlossenen Ausgaben decken zu können. Auf jeden dritten SteuerEuro kam ein Schulden-Euro hinzu, ohne Plan und Absicht, diese Schulden jemals zurück zu zahlen. Und schlimmer noch: Trotz dieser immensen Verschuldung war der tatsächliche Zustand der öffentlichen Infrastruktur im Lande geradezu katastrophal. Schleswig-Holstein entfernte sich immer weiter von der Leistungsfähigkeit der anderen Bundesländer.

Mit unpopulären Kürzungsmaßnahmen auf der Ausgabenseite und der konsequent verfolgten Linie, jeden zusätzlich eingenommenen Euro, der nicht als Einnahme geplant war, in die Senkung der Kreditaufnahme zu stecken, konnte Carstensens Regierung den Schuldenzuwachs von Jahr zu Jahr deutlich reduzieren.

Dieser Kurs wurde von der zweiten Regierung Carstensen fortgesetzt – nur unterbrochen in den Jahren der weltweiten Finanzkrise 2009 bis 2011, als der krisenbedingte Ausfall von Einnahmen sowie Konjunktur stimulierende Investitionen zur Abwendung einer fortdauernden Wirtschaftskrise gleichzeitig finanziert werden mussten; jetzt aber zusätzlich durch eine völlig neue Haushaltspolitik ergänzt, die sich von den bisherigen Ritualen der Haushaltsaufstellung durch Wunschanmeldungen der Ressorts rigoros verabschiedete, was in der Zeit der Großen Koalition noch nicht durchsetzbar war.

So wurde den Ressorts nur ein Teil der voraussichtlichen Steuereinnahmen für ihre Ausgabenplanungen als Budget zur Verfügung gestellt. Dadurch wurde vermieden, dass – wie in der Vergangenheit üblich – überhöhte Steuerschätzungen zu hohen Ausgabenplanungen führten, die auch dann umgesetzt wurden, wenn die tatsächlichen Einnahmen hinter den geplanten Erwartungen zurück blieben. Am Ende der zweiten Regierung Carstensen konnte Schleswig-Holstein den Haushalt 2012 praktisch ohne neue Schulden abschließen. Was für ein Weg.

Einer der wichtigsten Bausteine dieser Finanzpolitik: In den sieben Jahren der beiden Regierungen Carstensen wurden die durch das Land beeinflussten konsumtiven Ausgaben nur um 800 Millionen Euro (von 6.010 Mio € im Jahre 2005 auf 6.813 Mio € im Jahre 2012) erhöht – bei einer Steigerung der Steuereinnahmen um 2.200 Millionen Euro in diesem Zeitraum; weniger als 40 Prozent der Einnahmensteigerung wurde für die Erhöhung konsumtiver Ausgaben eingesetzt. Sonst wäre die massive Senkung der jährlichen Neuverschuldung nicht möglich gewesen.

Zum Vergleich: Die Regierung Albig hat in nur drei Jahren ihrer Regierungszeit von 2012 bis 2015 die durch das Land beeinflussten konsumtiven Ausgaben um 1.117 Millionen Euro (von 6.813 Mio € im Jahre 2012 auf 7.930 Mio € im Jahre 2015) erhöht – bei einer Steigerung der Steuereinnahmen um 1.030 Millionen Euro in diesem Zeitraum; sie hat also mehr für Konsum zusätzlich ausgegeben als sie an Steuern zusätzlich eingenommen hat. Eine Rechnung, von der wir wissen, dass sie auf Dauer nicht aufgehen kann – vor allem nicht in Zeiten allerhöchster Steuereinnahmen, niedrigster Zinsen und steigender Beschäftigung, in denen Vorsorge getroffen werden muss für schlechtere Jahre.

Der zweite wichtige Baustein – Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Unser Leitgedanke war: Im deutschen, europäischen und internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe und Arbeitsplätze müssen wir unsere wirtschaftliche Infrastruktur ausbauen, notwendige Verkehrswege, schnelle Datennetze, sichere und bezahlbare Energieversorgung. Zugleich müssen wir mehr Bildungsqualität erreichen und jungen Familien ermöglichen, ihre familiären Pflichten mit ihren beruflichen Aufgaben besser vereinbaren zu können. Carstensens Regierungen steigerten Jahr für Jahr trotz des massiven Abbaus der Neuverschuldung die Ausgaben für Investitionen aus Landesmitteln – im Jahr 2010 auf 662 Millionen Euro; und trotz 968 Millionen Euro Zinsbelastung!

Zum Vergleich: Die Regierung Albig hat im Jahr 2014 ganze 397 Millionen Euro aus Landesmitteln investiert. Das hat es zuletzt 1973 (394 Mio €) gegeben. Stattdessen wird sie aber nicht müde, täglich neue Forderungen an den Bund und die EU zu richten, mehr in die Infrastruktur Schleswig-Holsteins zu investieren und anzukündigen, demnächst in der kommenden Wahlperiode die Investitionen zu erhöhen. Dabei hätten 2014 wegen der EZB-Geldpolitik fast 200 Millionen Euro (gegenüber 2010, dem Jahr mit der höchsten Zinsbelastung Schleswig-Holsteins) Zinsersparnis zur Verfügung gestanden, die zu einem Teil für Zukunftsinvestitionen sowie zur zusätzlichen Schuldenreduzierung eingesetzt werden müssten.

Fazit: Bei höchsten Steuereinnahmen und niedrigsten Zinsen aller Zeiten erhöht die Regierung Albig die Neuverschuldung. Statt die unerwartet guten Einnahmen und die niedrigen Zinsen zu nutzen, um die Verschuldung schneller abzubauen und durch kluge Investitionen in die Infrastruktur unser Land zukunftsfähig zu machen, tut diese Regierung das exakte Gegenteil: Konsumausgaben rauf. Investitionen in die Zukunft runter. Stillstand beim Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur.

Das kommt uns als Politikmuster allerdings sehr bekannt vor. Denn die politische Vorgehensweise ist exakt dieselbe wie in den Jahren der ersten rot-grünen Regierung zwischen 1996 und 2005. Und das Ergebnis dieser Operation ist noch in schlechter Erinnerung: 2005 hatte Rot-Grün Schleswig-Holstein an den Rand des finanziellen Abgrunds geführt. Diese Politik wird nur noch von den derzeit übermäßig sprudelnden Einnahmen und den Konsolidierungsbemühungen der Regierungen Peter Harry Carstensens überdeckt.
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