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Reden im Archiv Debatten aus dem Landtag
Rede vom 26. Januar 2012Schleswig-Holsteinischer Landtag – TOP 58 – Bericht der Landesregierung – „Auswirkungen des Zukunftsinvestitionsgesetzes auf Schleswig-Holstein“

Finanzminister Rainer Wiegard: Das Zukunftsinvestitionsprogramm war ein voller Erfolg

Ob OECD, Deutsche Bank oder Wirtschaftsforschungsinstitute – die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung, den Arbeitsmarkt und die Steuereinnahmen waren zu Beginn des Jahres 2009 ausgesprochen düster:

• die Bundesagentur für Arbeit befürchtete 400.000 zusätzliche Arbeitslose im Jahr 2009
• Kurz darauf stieg die Prognose auf bis zu einer Million zusätzliche Arbeitslose. Ende 2009 würde die Vier-Millionen-Marke überschritten werden.
• Deutsche Bank und OECD waren sich einig: Ende 2010 würden wir in Deutschland wieder fünf Millionen Arbeitslose haben.
• Die Steuerschätzer prognostizierten für Schleswig-Holstein jährlich eine Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen.

Wie wir heute wissen, haben die Institute lediglich einmal mehr ihre Prognosefähigkeit unter Beweis gestellt. Mit der tatsächlichen Entwicklung hatte das jedenfalls nichts zu tun.

Anstatt über fünf Millionen Arbeitslose hatten wir Ende des abgelaufenen Jahres die höchste Erwerbtätigkeit und die höchste Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigte in der Bundesrepublik, die es seit Bestehen der Republik gegeben hat. So auch in Schleswig-Holstein. Und hier hatten wir mit 98.700 Arbeitslosen und einer Quote von 6,9% den niedrigsten Stand seit 1992.

Die Wirtschaft erholte sich im Rekordtempo.

Kein Land ist schneller aus der Krise gekommen als Deutschland.

Für diese vergleichsweise positive Entwicklung gibt es drei Gründe:
1. Die Tarifpartner haben mit einer moderaten und verantwortungsvollen Lohnpolitik maßgeblich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland beigetragen.
Zwar gehören die Löhne bei uns nach wie vor zu den höchsten (Platz fünf in der EU), die Lohnstückkosten sind in den vergangenen Jahren jedoch stabil geblieben. Deutschland hatte seine Hausaufgaben gemacht und war gerüstet für die Zeit nach der Krise.

2. Die Wirtschaft in unserem Land hat sich in der Krise sehr verantwortungsbewusst gezeigt. Trotz des historischen Wirtschaftseinbruches und der schlechten Prognosen verzichteten zahlreiche Unternehmen auf Entlassungen und versuchten stattdessen, die Krise mit Kurzarbeit und flexiblen Arbeitskonten zu überstehen – mit Erfolg, wie sich wenig später herausstellte.
Außerdem war die Struktur der deutschen Wirtschaft ein Trumpf. Unser starker Mittelstand zeigte sich sehr robust und war maßgeblich für die rasche Überwindung der Rezession verantwortlich.

Unternehmern und Arbeitnehmern gilt daher unser Dank. Sie alle haben Deutschland mit ihrem Einsatz und ihrem Handeln auf Kurs gehalten.

3. Der dritte Grund für die vergleichsweise positive Entwicklung in Deutschland war das aktive Eingreifen der Politik.
2009 wurde ein beispielloses Konjunkturpaket geschnürt. Darin wurden sinnvolle und äußerst wirksame Maßnahmen mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro vereinbart:

• Entlastung der privaten Haushalte
(Senkung der Einkommensteuer, Kinderbonus etc.)
• Kredit- und Bürgschaftsprogramm für die Wirtschaft
(Zentrales Innovationsprogramm, Stärkung Pkw-Nachfrage etc.)
• Qualifikationsoffensive für die Arbeitnehmer
(Ausgestaltung Kurzarbeit, Qualifizierungsmaßnahmen etc.)

• Neben zahlreichen anderen Maßnahmen sind insbesondere die Zukunftsinvestitionen im geplanten Umfang von 14 Milliarden Euro hervorzuheben. Insgesamt zehn Milliarden Euro stellte der Bund für Zukunftsinvestitionen der Länder und Kommunen zur Verfügung.

Der Ihnen vorliegende Bericht beschreibt die entsprechenden Maßnahmen in Schleswig-Holstein.

Auf Schleswig-Holstein entfielen von den zehn Milliarden Euro 323 Millionen Euro. Zusammen mit den Mitteln von Land, Kommunen und Dritten stand ein Finanzierungsvolumen von knapp 500 Millionen Euro im öffentlichen Bereich zur Verfügung (0,68 Prozent des BIP). Hinzu kommen die privaten Investitionen in diesem Zusammenhang.

Da sich Land und Kommunen über ihren Kofinanzierungsanteil hinaus engagierten, wurde das ursprünglich erwartete Volumen von 433 Millionen Euro deutlich überschritten. Das ist eine hervorragende Leistung, für die ich insbesondere den Kommunen danken möchte.

Dieser zusätzliche Impuls war nicht zu erwarten und deshalb umso wertvoller. Zu Recht entfiel daher auch der Großteil des Gesamtvolumens – 360 Millionen Euro – auf kommunale Investitionen. 130 Millionen Euro standen für Landesinvestitionen zur Verfügung.

Das Ziel der Zukunftsinvestitionen war in erster Linie die Umsatzrückgänge im privaten Sektor – insbesondere im Baugewerbe – auszugleichen und die Auftragslage des Handwerks und anderer mittelständischer Unternehmen zu stabilisieren.

Das ist gelungen: Der größte Teil der Aufträge ist an Firmen aus Schleswig-Holstein gegangen. Arbeitsplätze konnten gesichert und krisenbedingte Unternehmensinsolvenzen verhindert werden. So stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen 2009 um lediglich 89 an.

Doch nicht nur kurzfristige Überlegungen standen im Fokus. Die Zukunftsinvestitionen sollten auch nachhaltig ihre Wirkung entfalten. Auch das ist gelungen:

• Durch den Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur wurden die Bildungschancen von Kindern dauerhaft verbessert.
• Investitionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben den Forschungs- und Wissenschaftsstandort gestärkt und geholfen, den in den 90er Jahren entstandenen Rückstand aufzuholen.
• Durch zahlreiche Maßnahmen zur energetischen Sanierung werden die Energiekosten von Land, Kommunen und privaten Trägern dauerhaft gesenkt.

So standen für 349 Vorhaben im Bereich der frühkindlichen Betreuungsinfrastruktur 51,2 Millionen Euro und für 450 Vorhaben zur Verbesserung der Schulinfrastruktur 192 Millionen Euro zur Verfügung.

Hinzu kommen rund 86 Millionen Euro für Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wie beispielsweise für den Neubau eines Seminargebäudes für die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Insgesamt wurden 337 Millionen Euro zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur eingesetzt.
Darüber hinaus wurden rund 161 Millionen Euro für die Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt.
Davon entfielen
• 34,8 Millionen Euro auf die energetische Sanierung von Krankenhäusern,
• 55 Millionen Euro auf den Städtebau,
• 13 Millionen Euro auf Straßen- und Wegebau,
• 2,5 Millionen auf den Ausbau des Breitbandnetzes sowie
• rund 39 Millionen Euro auf sonstige Investitionsmaßnahmen

Von den insgesamt 1.300 Maßnahmen, die nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz gefördert wurden, haben alle Kreise und kreisfreien Städte anteilig profitiert, wobei geringe strukturpolitische Effekte erzielt werden konnten.

Wir haben mit den genannten Investitionen nicht nur die Konjunktur stimuliert.

Konjunkturpaket und Zukunftsinvestitionen haben einen maßgeblichen Beitrag zur Überwindung der größten Wirtschaftskrise geleistet, die die freie Welt je erlebt hat – und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft – und damit unsere Zukunftsfähigkeit – gestärkt.

Die Politik hat in Zeiten der Krise ihre Handlungsfähigkeit unterstrichen und mit den richtigen Entscheidungen mögliche Fehlentwicklungen korrigiert. Deutschland ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen.

Im abgelaufenen Jahr haben wir – auch deshalb – rund 350 Millionen Euro Steuern mehr eingenommen als im Vorjahr.

Diese Mehreinnahmen müssen wir jetzt nutzen, um die zusätzliche Verschuldung wieder zurückzuführen, die zur Bewältigung der Krise geplant und eingesetzt wurde.

Das Zukunfts-Investitionsprogramm ist seinem Namen gerecht geworden.
Es war die richtige Antwort der Politik auf die entscheidenden aktuellen und Zukunftsfragen.
Es war ein Erfolg für Schleswig-Holstein. Und für Deutschland.