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Mitteilung vom 07. Dezember 2010Vorstoss aus Kiel: CDU-Minister: Ermäßigte Mehrwertsteuer kippen

Finanzminister Rainer Wiegard will ermäßigten Mehrwertsteuersatz streichen.

Berlin Kiel (7. Dezember 2010) Bei der für 2011 geplanten Reform der Mehrwertsteuer drückt erstmals ein Finanzminister aus den Bundesländern aufs Tempo. Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) hat sich mit Nachdruck dafür ausgesprochen, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz "komplett" zu streichen. Ihm sei klar, dass es sich um ein hoch sensibles Thema handele, sagte der Minister dem Hamburger Abendblatt. "Aber der ermäßigte Mehrwertsteuersatz hat keine sinnvolle Steuerungswirkung. Wir verstreuen 24 Milliarden Euro für die Ermäßigung gleichmäßig über das Land. Das ergibt wenig Sinn", kritisierte der CDU-Politiker.

Wiegard räumte ein: "Wir gaukeln den Menschen eine individuelle Gerechtigkeit vor." Nach Berechnungen seines Ministeriums könnte der normale Mehrwertsteuersatz auf 16 oder 17 Prozent reduziert werden, sollten sämtliche Ausnahmen wegfallen. Der CDU-Politiker verband seine Forderung nach der Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes mit einer Anhebung der Hartz-IV-Sätze, "wenn die Ermäßigung auf Grundnahrungsmittel fällt".

Die Mehrwertsteuer beträgt zurzeit 19 Prozent. Der ermäßigte Satz war 1968 aus sozialen Gründen unter anderem für Grundnahrungsmittel und andere Bereiche der Daseinsvorsorge eingeführt worden. Mit der seit Langem angestrebten Reform der Mehrwertsteuer soll sich nach Plänen der Bundesregierung zunächst eine Arbeitsgruppe befassen, der neben Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sowie die Generalsekretäre der drei Koalitionsparteien angehören sollen. Klar soll bereits sein, dass die geltenden ermäßigten Steuersätze auf Lebensmittel, Bücher und Zeitungen nicht angetastet werden sollen. In Schleswig-Holstein stößt diese Vorfestlegung auf Kritik. Wiegard forderte "ein strukturiertes, mehrstufiges Verfahren für die Mehrwertsteuer". Man müsse sich von viel Unsinn bei dieser Steuer trennen. "Wir erzählen den Menschen seit 30 Jahren etwas von Steuervereinfachungen. Wir haben stattdessen alles komplizierter gemacht. Wir sollten mit den Fehlern von früher jetzt aufräumen."

Als Beispiel nannte er die Besteuerung von Kaffee. Dieser unterliege der ermäßigten Mehrwertsteuer. Gleichzeitig gebe es eine zusätzliche Kaffeesteuer. "Es ergibt viel Sinn, die Kaffeesteuer abzuschaffen und Kaffee dem normalen Mehrwertsteuersatz zu unterstellen. Auch das ist ein Thema, das auf die Agenda für das kommende Jahr muss." Langfristig sollte das Steuersystem laut Wiegard radikaler vereinfacht werden. "Wenn man das Steuersystem nur noch auf wenige Steuerarten reduzieren will, könnte man die Erbschaftssteuer vollständig abschaffen, wenn wir den Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer um drei Prozentpunkte anheben", schlug er vor. "Auf diese Weise könnte eine in der Erhebung aufwendige Steuerart wegfallen."

Wenn sich am Donnerstag der Koalitionsausschuss trifft, sollen erste Vereinfachungen beschlossen werden. Hessen und Schleswig-Holstein schlagen über die bisherigen Pläne hinaus vor, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in zwei Pauschalen aufzuteilen. Bislang ist geplant, den Pauschbetrag von 920 auf 1.000 Euro zu erhöhen.

Von Karsten Kammholz HA
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