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Reden im Archiv Debatten aus dem Landtag
Rede vom 21. Februar 2013Debatte zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs im Landtag

Rainer Wiegard: Links-dänische Regierung will mit Finanzausgleich kommunale Strukturen verändern

Rainer Wiegard [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns nicht in diesem Landtag befänden, wenn wir nicht eine solche Koalition mit ihren nachlesbaren Programmen hätten, wie wir sie haben, mit der Regierung, wie wir sie haben, würde ich dem schriftlichen Bericht, Herr Minister, den Sie vorgelegt haben und Ihre mündlich dazu vorgetragenen Argumente für eine ausgezeichnete Vorgehensweise halten.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christopher Vogt [FDP]:
Das war Konjunktiv bisher! Da müssen Sie nicht klatschen!)

Aber wir befinden uns in diesem Parlament, und wir befinden uns auch in diesem politischen Umfeld. Wolfgang Kubicki hat das vorhin angesprochen. Obwohl Sie sagen, es gibt keine Vorfestlegungen, gibt es natürlich bereits Vorfestlegungen durch diese Regierung.

Die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes halten auch wir für notwendig; da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Der Landtag hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das bereits 2001 vorgelegt worden ist. Auch das läßt keinen Zweifel, dass es vor allem die Notwendigkeit für mehr Transparenz zwischen echtem Finanzausgleich und aufgabenbezogener Kostenerstattung gibt. Aber mit dem Finanzausgleich darüber hinaus auch andere Ziele erreichen zu wollen – wie es die Regierung im Hinterkopf hat -, diese aber zu verleugnen, finde ich, mit Verlaub, höchst dreist.

(Beifall CDU und FDP)

Das fängt ganz bescheiden damit an, dass die Kollegin Raudies von der SPD in ihrem Redebeitrag hier sehr vehement deutlich machen will, dass es eben nicht um die Veränderung kommunaler Strukturen geht, aber als Beleg dafür anführt, dass es Gemeinden mit 26.000 Einwohnern, aber Städte mit 5.000 Einwohnern gibt. Das hat in der Konsequenz ja wohl etwas mit Strukturen zu tun.

(Beifall CDU und FDP – Lars Winter [SPD]: Nicht begriffen! – Wortmeldung Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Die Aufgeregtheit gerade von Ihnen, Herr Kollege Stegner, der die Anzahl der Kreise zwangsweise per Gesetz von 15 auf 4 reduzieren wollte und nur durch Entlassung daran gehindert werden konnte, ist schon einigermaßen erstaunlich.

(Beifall CDU und FDP – Jürgen Weber [SPD]: Der lügt, wenn er den Mund aufmacht!)

- Herr Weber, darauf kommen wir noch zurück. –

Ich möchte keine Zwischenbemerkungen zulassen. Ich möchte auf einen Regierungspartner eingehen, den Sie hier offensichtlich völlig ignorieren, Herr Minister, nämlich auf die Äußerung, die der Vorsitzende der SSW-Abgeordneten hier am 27. September 2012 gemacht hat. Er hat ganz eindeutig gesagt, dass es bei der Änderung des Finanzausgleiches darum gehe, die kommunalen Strukturen zu verändern.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Ich zitiere:
„Die kommunale Struktur Schleswig-Holsteins ist nicht optimal.”
So weit, Lars Harms, könnten wir noch übereinstimmen. Dann sagten Sie wörtlich:
„Tatsächlich verhindert die kleinteilige Struktur klare Entscheidungswege“
- hören Sie genau zu –
„und behindert die kommunale Demokratie.“
Wo leben Sie eigentlich, Herr Kollege?

(Beifall CDU und FDP)

Lars Harms fuhr fort:
„Kleine, reiche Umlandgemeinden saugen die großen Städte aus, und die Gießkannenpolitik der letzten Jahre tat ihr Übriges, um die Ungleichverteilung zu zementieren.“

Der Gipfel ist – das ist eine ganz klare Aussage, deshalb ist es wirklich unerhört, Herr Minister, dass Sie das hier einfach zu Protokoll wegleugnen -, Lars Harms ist immerhin der Vorsitzende der SSW-Abgeordneten, von denen Sie abhängig sind, damit es diese Regierung überhaupt gibt.

(Olaf Schulze [SPD]: Wovon sind Sie eigentlich abhängig? Von Herrn Kubicki oder wie? – Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich bin nicht für alles verantwortlich!)

Lars Harms sagte:
„Uns ist natürlich bewusst, dass beides, also die Aufstockung des Finanzausgleichs und die Umverteilung der Lasten,“
- das liest man in den Zeitungen immer von Ihren Besuchen im Land, wenn Sie den zentralen Orten mehr Geld versprechen, ohne gleichzeitig zu sagen, dass Sie das den ländlichen Gemeinden wegnehmen wollen -
„nur Bausteine für eine neu gestaltete, leistungsfähigere kommunale Struktur in Schleswig-Holstein sein können. Das, was wir heute machen, kann also bei Weitem nicht das letzte Wort sein.“

Das heißt, Sie wollen mit dem kommunalen Finanzausgleich die kommunalen Strukturen verändern. Sie wollen mit finanziellen Zügeln die kommunalen Strukturen durch die Hintertür verändern. Das ist Ihr Weg. Dass Sie das, Herr Minister, in Ihrem pflichtgemäß zu erstattenden Bericht als Regierung nicht bekunden,

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es nicht wahr ist!)

finde ich gegenüber dem Parlament schon einigermaßen dreist.

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege Weber, für die unparlamentarischen Äußerungen in Richtung des Kollegen Wiegard erteile ich Ihnen eine Rüge.


Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) – 20. Sitzung –
Donnerstag, 21. Februar 2013
(Überarbeitetes Stenografenprotokoll)